Gedichte von Rainer Maria Rilke. Warum soll ich so verschwurbelte Texte lesen, die ich am Ende vielleicht nicht einmal verstehe? Lyrik braucht kein Mensch. Oder?!

Rainer Maria Rilke (1875-1926), österreichischer Lyriker

Fremd ist, was deine Lippen sagen,
Fremd ist dein Haar, fremd ist dein Kleid,
Fremd ist, was deine Augen fragen,
Und auch aus unsern wilden Tagen
Reicht nicht ein leises Wellenschlagen
An deine tiefe Seltsamkeit. Du bist wie jene Bildgestalten,
Die überm leeren Altarspind
Noch immer ihr Hände falten,
Noch immer alte Kränze halten,
Noch immer leise Wunder walten –
Wenn längst schon keine Wunder sind.

Mit wenigen Wörtern eine Welt erschaffen ist schwierig und oft gelingt es uns nicht, einen Weg in ein Gedicht zu finden. Zudem gibt es kaum noch Plätze für Lyrik. Radio oder TV im Hintergrund und all die Ablenkungen machen es uns nicht leicht, die Türen in einem Gedicht zu finden. Türen die wir oft auch noch selbst bauen müssen. Warum sollte ich das tun, wo doch soviele Bücher und Filme soviel einfacher zu verstehen sind? Wegen Texten wie diesem:

Das ist der Tag, in dem ich traurig throne,
das ist die Nacht, die mich ins Knieen warf;
da bet ich: dass ich einmal meine Krone
von meinem Haupte heben darf.

Weitere Bücher:

Leben und Lieder. Bilder und Tagebuchblätter (1894)
Larenopfer (1895)
Traumgekrönt. Neue Gedichte (1896)
Mir zur Feier (1899)
Das Stunden-Buch (1905)
Das Buch vom mönchischen Leben (1899)
Das Buch von der Pilgerschaft (1901)
Der Panther (Dinggedicht, 1902/3)
Das Buch von der Armut und vom Tode (1903)
Das Buch der Bilder (1902; Überarbeitung: 1906)
Neue Gedichte (1907)
Der neuen Gedichte anderer Teil (1908)
Erste Gedichte (1913; enthält: Larenopfer, Traumgekrönt und Advent)
Duineser Elegien (1923, geschrieben 1912–1922)
Die Sonette an Orpheus (1923, vgl. Sonett)