Die Korrekturen von Jonathan Frantzen. Kann man sein Leben korrigieren? Hier kommt die amerikanische Antwort.

Jonathan Franzen, 1959 in Western Springs geboren

„zwei leere Stunden waren eine Nebenhöhle, in der Infektionen keimten“

Nach fast fünfzig Jahren als Ehefrau und Mutter ist Enid Lambert entschlossen, ihr Leben ein wenig zu genießen. Alles könnte so schön sein, doch ihr Mann Alfred sitzt nur noch in seinem Sessel, und die drei Kinder haben das traute Familienheim längst verlassen – um ihre eigenen tragikomischen Malaisen zu durchleben. In dem Wunsch, es einmal richtig gut zu haben, verfolgt Enid nur ein Ziel: Sie möchte die ganze Familie zu einem letzten Weihnachtsfest zu Hause um sich scharen.

Die Korrekturen erschien 2001. Franzen ist ein großartiger amerikanischer Erzähler. Seine Figuren sind lebendig und auch wenn man ihr Tun oft Kopf schüttelnd verfolgt, bleibt am Ende doch auch der Blick in das eigene Leben, ins eigene Familienleben. Die Handlung spielt im Mittleren Westen der USA und es ist spannend, dem Autor bei der Vorstellung der einzelnen Familienmitglieder über die Schulter zu schauen. Man kann den muffigen Keller fast riechen, in dem Alfred seine Zeit verbringt. Franzen stellt Amerikanische Lebensläufe vor, die gelegentlich auch Längen haben aber am Ende sieht man diese Familie vor sich, wie sie miteinander Weihnachten feiert. Die Korrekturen sind mit 800 Seiten kein Büchlein, das sich an einem Nachmittag weg liest. Auch haben sich die amerikanischen Verhältnisse, in den letzten Jahren verändert, dennoch ist es dem Autor gelungen, ein faszinierenden Porträt einer Gesellschaft zu schreiben.

„Dann hatten Enid und Alfred – sie auf Knien vor den geöffneten Schubladen im Esszimmer, er unten im Keller, den katastrophalen Zustand der Tischtennisplatte inspizierend – jeder für sich das Gefühl, sie müssten vor Angst zerspringen. Der Angst etwa, die von den Rabattmarken kam, dort in der Schublade neben den Kerzen in Designer-Herbstfarben. Die Marken wurden von einem Gummiband zusammen gehalten, und Enid hatte gerade entdeckt, dass die Fristen (vom Hersteller oft schwungvoll mit Rot umrandet)schon vor Monaten, wenn nicht gar Jahren abgelaufen waren: dass diese hundert und so viel Rabattmarken, deren Gesamtwert mehr als sechzig Dollar betrug (im Chiltsville-Supermarkt, wo sie den Markenwert verdoppelten, theoretisch sogar 120 Dollar), samt und sonders nutzlos geworden waren“