Guten Morgen, du Schöne von Maxi Wander. Frauen erzählen über ihr Leben in der DDR. Heute noch genau so ein großartig, tolles, inspirierendes, wunderbares Buch wie beim Erscheinen 1977.

Maxi Wander (geboren als Elfriede Brunner), 1933-1977

„Ich halte jedes Leben für hinreichend interessant, um anderen mitgeteilt zu werden … man lernt dabei, das Einmalige und Unwiederholbare jedes Menschenlebens zu achten und die eigenen Tiefs in Beziehung zu anderen zu bringen … Vielleicht ist dieses Buch nur zustande gekommen, weil ich zuhören wollte.“

Und so erzählen 19 Frauen lustvoll und mutig von sich und ihren Gefühlen, ihrer Familie, ihrer Arbeit, ihren Männern, sie äußern sich über Liebe und Sexualität, über Politik, über ihre Ansicht von der »richtigen« Art zu leben. In Ost und West wurde Guten Morgen, du Schöne zu einem Kultbuch, über das Christa Wolf in ihrem Vorwort schreibt: »Beim Lesen schon beginnt die Selbstbefragung. In den Nächten danach entwerfen viele Leserinnen, da bin ich sicher (nicht so sicher bin ich mir bei Lesern), insgeheim ihr Selbstprotokoll.«

Protokollliteratur nennt man diese Art von Texten. Maxi Wander geht aber über das reine protokollieren raus:

Guten Morgen, du Schöne lässt sich als Erweiterung der reinen Protokollliteratur einordnen. Anders als in dieser verwebt Wander eigene literarische Nuancen in die essayhaft formulierten Stücke. Das heißt, sie notiert das Gesagte nicht wörtlich, sondern findet noch weitere Ebenen der Beschreibung: „Die ursprünglichen Protokolle sind zu Porträts verdichtet, die Autorin adaptiert den Gestus, Soziolekt und Ton der Befragten und reichert ihn mit dem Bild an, das sie sich selbst von der Gesprächspartnerin und deren sozialer Situation gemacht hat. Aus der Tonbandmitschrift wird Literatur.“ (Wikipedia)

Das schönste an diesem Buch aber ist, dass sich zwar die Zeiten geändert haben aber Grundsätzliches wie Beziehungen, Liebe und wie regele ich mein Leben, sind immer noch aktuelle Fragen, die diese Frauen oft erstaunlich zeitlos für sich beantworten.

Da hat einmal einer Ober mir in der Untermiete gewohnt. Der hat einen Traktor gefahren, hat nur acht Klassen gehabt, keinen Vater und einen Haufen kleiner Geschwister. Und der ist manchmal zu mir hereingekommen, weil er gemerkt hat, ich bin auch allein. Ich hab“ aber nicht immer Zeit für ihn gehabt. Ich hab“ ihn auf mein Bett gesetzt, weil nichts anderes da war, und hab“ ihm ein großes Stückchen Papier und einen Stift gegeben, und dann hat er gezeichnet Er hat mir erzählt, er hat mal mächtig randaliert, weil nichts in seinem Leben zusammenpaßte, ich weiß nicht, was noch, jedenfalls hat er gesessen. Nun war er wieder mit denselben Leuten wie vorher zusammen … Einmal war ich mit ihm im Kino, in einem richtig guten Film, wo der sonst nie hinging. Da hat er mich gefragt, ob er mich küssen darf. Einmal ist ei nachts gekommen und hat gefragt. ob er bei mir schlafen darf, er wird sich neben mein Bett legen und wird gleich einschlafen. Ich war so blöd, ich hab“ nein gesagt. Und da hat er den Gashahn aufgedreht, in derselben Nacht. Wollte nicht mehr allein sein … ich hätte sehen müssen, was er da zeichnet. Der hat nach Hilfe geschrien.